Der neue Tiefpunkt der transatlantischen Partnerschaft
Am 7. August 2025 tritt eine 39 % US Importzoll auf Schweizer Waren in Kraft – das ist deutlich mehr als ursprüngliche Vorschläge (31 %, dann 10 %) und höher als für die EU (15 %). Vor ein paar Wochen haben wir hier zu dem Thema bereits geschrieben – und, ehrlich gesagt, lagen wir richtig (Link zum Artikel). Pünktlich auf den Nationalfeiertag am 1. August 2025 hat die USA die Schweiz mit den neuen “Tatsachen” konfrontiert. Die Schweiz reagiert mit einer Mischung aus Angst, Schock, Irritation und Entschlossenheit, bemüht sich aber weiter um Verhandlungen. Experten warnen bereits vor einem Rückgang des BIP um 0,6 % oder mehr, falls auch Pharmaprodukte betroffen wären (Wall Street Journal).
Das bestätigt unsere ursprüngliche These: Die USA sind kein verlässlicher Handelspartner, und die Schweiz muss ihre Strategie dringend neu ausrichten. Es wäre günstig, wenn der Bundesrat nicht herumträumt, sondern sich an Tatsachen orientiert.
Aber reden wir zuerst über unsere Landesverteidigung. Die Schweiz hat Patriot-Luftabwehrsysteme sowie den Stealth-Fighter F-35 bestellt. Bei beiden Systemen (und vielen anderen) halten sich hartnäckig Gerüchte, nach denen die USA über einen sogenannten “Kill-Switch” verfügt, also die Systeme aus der Ferne deaktivieren kann. Technisch übrigens gar kein Problem. Und jetzt kann man auch sagen, dass immer gemacht wird, was technisch geht. Kann man so sehen. Aber eigentlich sind Kill-Switches völlig unnötig. Ohne regelmässige Software-Updates und Ersatzteile sind moderne Waffensysteme nach kurzer Zeit sowieso nutzlos.
Der Saab Gripen, ursprünglich von den Schweizern verschmäht, gilt unter Experten als eines der besten 4G oder 4.5G Kampfflugzeugen überhaupt, keinesfalls schlechter als die F-16. Das pummelige Fahrwerk der F-16 und die kurzen Wartungsintervalle machen die Maschine für die Schweiz sowieso zu einer schlechten Wahl. Der Gripen glänzt mit seiner Fähigkeit, auch von miserablen Pisten abheben zu können – und dort auch zu landen. Die Wartungseinheiten können in handelsüblichen Containern untergebracht werden und die Turnaround-Zeit ist rekordverdächtig tief. Das ebenfalls Schwedische Artilleriesystem “Archer” hat sich um Ukrainiekrieg gegen Russland bewährt und wird von der Ukrainischen Armee heiss geliebt. Und abgesehen davon baut Pilatus die vermutlich besten STOL-Flugzeuge der Welt. Polen baut südkoreanische K2 Black-Panther MBT’s (Kampfpanzer) in Lizenz, hat aber in den vergangenen Jahren riesige Fortschritte bei eigenen Entwicklungen gemacht, zum Beispiel in der Flugabwehr, bei Artilleriesystemen (AHS Krab) und bei Drohnen. Dasselbe gilt auch für die Ukraine, die keine andere Wahl hatte, als die Innovation voranzutreiben, und bei Seedrohnen, Luftdrohnen und bald auch bei Landdrohnen einer der führenden Treiber ist. Die Antischiffsrakete “Neptun” hat legendärerweise das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte versenkt (gibt es mittlerweile auch als Cruise Missile für Landziele mit grösserer Reichweite). Und Deutschland sowie Frankreich sind erfahren im Panzerbau, Schiffsbau und in der Luftverteidigung. Und es gibt noch viele andere Europäische Länder mit einer gut ausgebauten Verteidigungsindustrie, darunter zum Beispiel Italien und Tschechien. Schweizer Sicherheitspartnerschaften können also sollten auf Systemen basieren, die nicht von US Goodwill abhängig sind. Denn Abhängigkeit sorgt für Erpressbarkeit.
Marktdiversifizierung – Von Europa nach Zentralasien und Afrika
Niemand sagt, dass wir damit aufhören sollten, mit den USA Geschäfte zu machen. Natürlich nicht. Aber alle Eier in einen Korb zu legen ist einfach nicht vernünftig. Das gilt auch für den möglichen Fall, dass sich die Beziehungen zwischen den USA und der Schweiz wieder normalisieren. Es ist wie bei Covid – nach Covid darf nicht wie vor Covid sein. Lernen ist angesagt!
Nordische Länder
Norwegen, Finnland, Schweden und Dänemark teilen strukturelle Ähnlichkeiten mit der Schweiz: hoch entwickelte Technologiewirtschaft, Mittelständler mit starkem Export. Partnerschaften und Kooperationen – etwa gemeinsame Branchen Cluster oder Netzwerkinitiativen – wären sinnvoll.
EU Osteuropa & Mitteleuropa
Polen hat sich zum dynamischen Tech und Industrieknoten in Europa entwickelt. Tschechien, Rumänien, Ungarn bieten solide industrielle Plattformen mit EU Anbindung. Schweizer KMUs könnten dort durch gezielte Markteinstiege wachsen. Und vergessen wir die Ukraine nicht, die schon vor dem Krieg als IT-Hub Weltruf genossen hat. Ja, im Moment ist dort noch Krieg, aber der geht auch nicht ewig. Nichts geht ewig.
Zentralasien (Kasachstan, Usbekistan, Armenien)
Schwierige Märkte die gutes Know-How benötigen, aber mit wachsender Nachfrage nach Infrastruktur, Technologie, Landwirtschaftsprodukten. Hier liegt Potenzial für Nischenanbieter – etwa Medizintechnik, Spezialmaschinenbau oder nachhaltige Lebensmittel.
Afrika & Mittlerer Osten
Länder wie Kenia (IT Start up Boom), Äthiopien (Textilindustrie), VAE (Logistik) oder Saudi Arabien (Diversifizierungsprogramme) bieten Chancen, vor allem im Mittelsegment.
Niemand hat gesagt, dass in diesen Ländern politisch oder kulturell alles perfekt ist. Aber die genannten befinden sich alle auf einem Annäherungskurs zum sogenannten Westen, mal schneller, mal langsamer. Und ja, auch mit Rückschritten, die gehören zum Leben.
Die Rolle der Handelskammern – strategischer Neustart überfällig
Viele der heutigen Handelskammern agieren eher verwaltend als gestaltend. Sagen wir mal vorsichtig, bei den meisten arbeiten nicht die Überflieger (Schnarch). Statt zukunftsgerichtete Strategien zu fördern, verharren sie häufig in bürokratischer Routine und verteilen/nehmen gerne Fördergelder. Und nein, das betrifft nicht nur die Schweizer Handelskammern. Dabei könnten gerade sie eine zentrale Rolle spielen: als Plattformen zur Vernetzung von KMUs, zur Förderung echter Kooperationen und zur Entwicklung regionaler Innovationscluster. Was es braucht, ist ein strategischer Neustart – mit Fokus auf gemeinsamen Wertschöpfungsketten, technologiegetriebener Zusammenarbeit und smartem Zugang zu neuen Märkten. Mit Entwicklungsplänen, Quartalszielen und Marketingaktionen. Und dynamischen Akteuren die TREIBEN! Also wie richtig! Nur so können Handelskammern wieder zu echten Katalysatoren für wirtschaftlichen Fortschritt werden.
Also, atmen wir tief durch, und dann Action! Schlafen können wir später.