Die transatlantischen Beziehungen sind angespannt – und das nicht nur hinter verschlossenen Türen. Zwischen den USA und Europa tobt ein Handelsstreit, ausgelöst durch einen Tunami von Zöllen. Die Schockwellen haben die gesamte Welt erfasst. Die Regierung und Trump hat in den vergangenen paar Monaten mehr Unruhe in die globalen Handelströme gebracht als die vergangenen 3 oder 4 US-Regierungen zusammen. Warum? Ist es ein kalkulierter Rückzug in den Protektionismus, oder Isolationismus? Ist es eine neue amerikanische Oligarchie, die durch ein kalkuliertes Chaos ihre Macht demonstriert? Ist es eine neue Ära von Korruption, wo geschenkte Luxus-Jets nur die Spitze des Eisbergs sind? Oder sitzen in den USA schlichtweg Amateure am Ruder, welche die Konsequenzen ihres Tuns nicht richtig verstehen und einfach einmal alle Knöpfe drücken? Fest steht, dass eine Ära der Ungewissheit begonnen hat. Zölle und Strafen wurden angekündigt, ein paar Tage später – oder Stunden – wieder aufgehoben, Kriege und Krisen erst unwilling und dann dilettantisch gemanagt. Und doch - die Staaten der Welt scheinen um Aufmerksamkeit und Goodwill zu buhlen, um dieses Mal noch – vorläufig – der strafenden Hand zu entgehen. Flugzeuge werden “verschenkt”, hastig Meetings einberufen. Das Karussell dreht sich schnell. Du kannst dir jetzt natürlich einreden, dass das alles vorüberziehen wird, wie ein Unwetter. Vielleicht aber auch nicht. Und was machst du dann?
Für Schweizer kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind die Auswirkungen real. Plötzlich wirken Lieferketten fragil, der Marktzugang unsicher, und bewährte Strategien müssen überdacht werden. Stabile Wirtschaften und Demokratien wirken plötzlich – instabil. Wir wollen uns die Auswirkungen des US-Europa-Handelskonflikts auf Schweizer KMU anschauen und mögliche Wege zur Diversifizierung ergründen. Denn die transatlantischen Beziehungen werden vielieicht nie mehr so sein wie früher. Denn die USA finanzierten über ihre globale Leaderrolle auch ihr Staatsdefizit. Nachdem Moody’s als letzte Rating-Agentur US-amerikanische Staatsanleihen downgegradet hat, werden sich diese für die USA zwangsläufig verteuern. Die Auswirkungen werden langfristig für alle spürbar werden, denn die USA geben mittlerweile für die Zinsen der Staatsschulden mehr Geld aus als für ihre Verteidigung.

Die neuen Zölle und ihre unmittelbaren Auswirkungen auf Schweizer KMU
Seit dem 9. April 2025 erhebt die US-Regierung zusätzliche Importzölle von 31 % auf Waren aus der Schweiz – der höchste Satz unter allen OECD-Ländern. Eine 90-tägige Aussetzung bis zum Juli 2025 hat den Satz vorübergehend auf 10 % reduziert, aber die Unsicherheit bleibt bestehen. Branchen wie die Uhrenindustrie, die Pharmaindustrie und die Schokoladenherstellung sind besonders betroffen.
Die Uhrenindustrie beispielsweise ist stark vom US-Markt abhängig, der 16,8 % ihrer Exporte ausmacht. Mit den neuen Zöllen sehen sich Unternehmen wie Richemont und die Swatch Group mit steigenden Kosten und potenziellem Marktanteilsverlust konfrontiert. Ähnlich steht die Pharmaindustrie, die 60 % der Schweizer Exporte in die USA ausmacht, unter Druck. Obwohl derzeit ausgenommen, hat die Drohung zukünftiger Zölle Unternehmen wie Roche dazu veranlasst, in den nächsten fünf Jahren 50 Milliarden Dollar in die US-Produktion und -Forschung zu investieren.
Selbst die beliebte Schweizer Schokoladenindustrie bleibt nicht verschont. Chocolatiers äussern Bedenken hinsichtlich der gestiegenen Kosten und eines möglichen Rückgangs der US-Nachfrage. Die Schweizer Regierung verzichtet zwar auf sofortige Gegenmassnahmen, führt jedoch aktiv Verhandlungen, um die Auswirkungen auf ihre exportorientierte Wirtschaft abzumildern.
Abgesehen davon ist es sinnlos hier das komplette Bild aktuell wiedergeben zu wollen, die Parameter ändern sich im Moment sowieso jede Woche.
Strategien für Schweizer KMU im Umgang mit den Zöllen
Schweizer KMU, die im Kreuzfeuer globaler Handelsstreitigkeiten stehen, müssen wie erfahrene Seefahrer durch raue See navigieren: Es ist Zeit, die Segel neu zu setzen, anstatt nur den Wind zu verfluchen.

Marktdiversifizierung bietet den ersten Rettungsanker. Durch die Erschliessung stärkerer Partnerschaften innerhalb Europas und die Ausweitung in Asien können Schweizer Unternehmen ihre Überexponierung gegenüber dem volatilen US-Markt reduzieren. Anstatt immer nur auf Traummärkte wie China, Russland oder die USA zu setzen und dann ein paar Jahre später wieder enttäuscht zu sein, bieten auch Europäische Länder die Möglicheit für Wachstum. Im südlichen Europa winkt Griechenland mit hohen Wachstumsraten nach einer wirtschaftlichen Rosskur, in Osteuropa hat sich Polen zu einer der führenden Wirtschaftszentren Europas entwickelt. Rumänien wird in den nächsten Jahren zum grössten Gaslieferanten der Europäischen Union und auch die Tschechische Republik verfügt über eine solide industrielle Basis. Und wie wäre es Frankreich oder Deutschland als direkte Nachbarn konkreter zu bewirtschaften? Schnell wachsende Volkswirtschaften wie Vietnam, Indonesien und sogar das wirtschaftliche Überraschungspaket Bangladesch bieten spannende Möglichkeiten. Auch Afrika und Südamerika beherbergen versteckte Champions – denke nur an Kenias Technologiesektor oder Kolumbiens boomende Landwirtschaft –, die zu wichtigen neuen Verbündeten für Schweizer Exporte werden könnten. Und die zwei ersten “Opfer” der volatilen amerikanischen Zollpolitik, Kanada und Mexiko, suchen aktiv nach neuen Partnern um nicht mehr so stark von den USA abhängig zu sein.
Produkteanpassung ist ein weiterer wichtiger Schritt. Produkte an lokale Geschmäcker, regulatorische Standards und Preissensibilitäten anzupassen, kann Türen in neuen Märkten öffnen. Innovationen, die zollfreie Angebote schaffen – Produkte, die lokal montiert oder bezogen werden –, schützen Unternehmen auch vor zukünftigen Schocks.
Schließlich muss die Lieferkettenresilienz gestärkt werden. Unternehmen sollten alternative Lieferanten ausserhalb von Zollzonen identifizieren und in lokale oder nahegelegene Beschaffung investieren (Nearshoring). Ein Luxus-Schweizer Chocolatier könnte beispielsweise mit europäischen Kakaolieferanten zusammenarbeiten, anstatt solche aus zollbelasteten Regionen zu beziehen. Der Aufbau dieser Resilienz dient nicht nur dem Überleben heutiger Stürme – es geht darum, Schiffe zu bauen, die auch den Stürmen von morgen standhalten.
Und natürlich haben viele Schweizer KMU Niederlassungen im “alten” Westeuropa oder im neuen “Osteuropa”. Wenn du noch nicht soweit bist rede mit Firmen, die das bereits gemacht haben und über Erfahrung in mehr als einem Land verfügen.
Risiken für Schweizer KMU
Die Navigation durch diese sich verändernde Landschaft ist nicht ohne Gefahren. Für Schweizer KMU ist der erste Eisberg am Horizont die finanzielle Belastung. Zölle erhöhen die Betriebskosten wie ein langsames Leck im Rumpf und drücken bereits enge Gewinnmargen. Viele Unternehmen stehen vor der schwierigen Entscheidung: die Kosten absorbieren oder an die Kunden weitergeben, was ihre hart erarbeitete Wettbewerbsfähigkeit gefährden könnte.
Marktunsicherheit hängt wie ein dichter Nebel über den Handelsmeeren. Das globale Handelsklima ist so unvorhersehbar wie ein Sommersturm – einen Moment ruhig, im nächsten mit neuen Zöllen oder politischen Veränderungen aufgeladen. Für Schweizer KMU erschwert diese Volatilität die langfristige Geschäftsplanung, friert Investitionen ein und zwingt zu einer defensiven Haltung, wenn Agilität und Kühnheit am meisten gefragt sind.
Hinzu kommt die Herausforderung der regulatorischen Compliance. Jeder neue Markt bringt ein anderes Regelwerk mit sich – ein Labyrinth aus Standards, Steuern und Bürokratie, das selbst die erfahrensten Unternehmen ins Straucheln bringen kann. Grenzüberschreitende Handelsabkommen – einst als solide Brücken betrachtet – ähneln nun wackeligen Fußwegen, die sorgfältige Navigation erfordern.
In diesem Sturm werden nur die anpassungsfähigsten und widerstandsfähigsten Unternehmen gedeihen. Der Rest riskiert, überrascht und orientierungslos in Gewässern zu treiben, die sie einst zu kennen glaubten.
Chancen für Wachstum und Selbstständigkeit
In jeder Krise und jedem Sturm liegt eine Chance – und für Schweizer KMU ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, in unbekannte, aber vielversprechende Gewässer aufzubrechen.
Stärkung des innereuropäischen Handels ist ein kluger erster Schritt. Die Schweiz, im Herzen Europas gelegen, kann ihre Beziehungen zu Nachbarn wie Österreich, den Niederlanden und Schweden vertiefen – Volkswirtschaften, die Präzision, Qualität und Zuverlässigkeit schätzen. Darüber hinaus locken versteckte Juwelen: Länder wie Rumänien und Portugal entwickeln sich zu dynamischen Handelspartnern mit wachsenden Verbraucherbasen und innovationsgetriebenen Märkten. Kanada, oft übersehen, steht als stabiler, freundlicher Markt mit großem Respekt für Schweizer Handwerkskunst bereit, unterstützt durch Handelsabkommen wie CETA, die den Weg noch reibungsloser machen.
Expansion in asiatische Märkte bietet einen weiteren mutigen Horizont. Schweizer Expertise in hochwertigen Sektoren – Pharmazeutika, Präzisionsingenieurwesen, Luxusgüter – passt perfekt zu boomenden asiatischen Volkswirtschaften. Vietnam, die Philippinen und Malaysia sind hungrig nach Qualität, und Partnerschaften mit lokalen Vertriebspartnern sowie das Verständnis kultureller Nuancen werden der Schlüssel zum nachhaltigen Wachstum sein.
Schliesslich kann die Investition in Innovation und Nachhaltigkeit Schweizer KMU langfristig sicher verankern. Produkte, die aus Spitzenforschung hervorgehen und in nachhaltige Praktiken eingebettet sind, erfüllen nicht nur regulatorische Anforderungen, sondern gewinnen auch die Loyalität einer neuen, umweltbewussten Generation von Verbrauchern. In einer Welt, die nach Stabilität und Authentizität sucht, bieten Schweizer Unternehmen genau die Art von Exzellenz, die zukünftige Märkte verlangen.
Konkrete Schritte für Schweizer KMU

Für Schweizer KMU ist der Weg nach vorn von Handeln, nicht von Zögern geprägt. Zunächst ist umfassende Marktforschung der Kompass – die Identifizierung alternativer Märkte, in denen Schweizer Exzellenz gedeihen kann. Mach dich schlau wie Marktforschung und Konkurrenzanalysen gehen – und wenn du keine Zeit oder zuwenig Know-How hast, arbeite mit Partnern zusammen. Denn wenn du nicht weiss wo die Chancen sind und was für Risiken es zu meistern gilt, dann solltest du auch nicht investieren. Als nächstes solltest du eine flexible Geschäftsstrategie entwickeln. Schmiede starke Allianzen mit lokalen und internationalen Handelsorganisationen, um deren Erkenntnisse und Netzwerke in wertvolle Navigationskarten zu verwandeln. Schliesslich investiere in digitale Transformation und globales Marketing – dein Ticket zur Steigerung der betrieblichen Effizienz und zur Erreichung von Kunden über Grenzen hinweg. In einer unvorhersehbaren Welt werden diejenigen, die schnell und klug aber mit Disziplin und Professionalität handeln Erfolge einfahren. Nicht die Zögerer, aber auch nicht die Hyperventilierer.
Die US-Zölle werfen lange Schatten auf Schweizer KMU, drücken auf Margen, stören Märkte und schüren Unsicherheit. Doch in dieser Turbulenz liegt ein dringender Aufruf zum Handeln. Abwarten und Tee trinken ist hier der falsche Ansatz. Denn, es kann zwar wieder besser werden – aber eben auch noch viel schlimmer. Durch proaktive Strategien – Diversifizierung der Märkte, Produktinnovationen und Stärkung der Lieferketten – können Schweizer Unternehmen die heutigen Herausforderungen in Erfolge von morgen verwandeln. Dies ist nicht nur eine Krise, die es zu überstehen gilt; es ist ein Katalysator für mutige Innovationen und kluge Diversifikation.