Warum erfinden eigentlich immer die Amerikaner?
Es ist mir völlig klar, dass dieser Artikel polarisieren wird. Es ist wie in der Politik. Passt einem die Meinung eines anderen Politikers oder Partei nicht, oder werden sie zu erfolgreich, nennt man sie “kontrovers”, oder “populistisch”. Soweit, so langweilig. Wir reden also heute über Amerika. Die USA. Die Vereinigten Staaten. Um es mal so zu sagen: Es gibt viele Idioten da drüben, die aktuelle Regierung mag die Schweiz nicht, oder vielleicht den Erfolg der Schweizer?
Es ist aber nicht so, dass wir immer Engel gewesen sind. Und wir haben viele Vorurteile über die Yankees. Die Amerikaner sind laut, ungebildet, übergewichtig – so lieben wir es in Europa, sie zu kritisieren. Doch die Realität ist: Die USA sind vorne, und wir hecheln hinterher. Fast jede Technologie, die das Leben der letzten Generationen verändert hat, kommt aus Amerika. Ein Grossteil der Filme, Serien und Musik, die wir konsumieren, ist amerikanisch. Ob Kultur, Wissenschaft oder Technologie – die USA sind Europa überlegen. Und kommt mir jetzt nicht mit “Das Internet wurde am CERN miterfunden” und “MP3 wurde vom Fraunhofer Institut entwickelt”. Woher streamen wir heute? Wo kaufen wir ein? Eben. Spotify, Tidal, Netflix, Apple Music, Amazon. Wo sind die Europäer?
Eine kurze Inventur: Wer hat die Zukunft gebaut?
Das Erste, was einem einfällt, wenn es um zukunftsweisende Erfindungen geht, ist natürlich das Internet. Europäische Forscher haben ihren Beitrag geleistet, und wie schon erwähnt, am CERN in der Schweiz wurde das World Wide Web erfunden, zumindest zum Teil– aber die entscheidenden technologischen Durchbrüche fanden in den USA statt. Heute liegt das globale Zentrum für Technologie und Innovation in Kalifornien: Silicon Valley. Apple, Microsoft, IBM, Google, Facebook, Amazon – und inzwischen auch die führenden KI-Unternehmen wie OpenAI, Perplexity– alle amerikanisch.
Jetzt sagen viele naja aber Berlin, da kommen coole Dinge her. Ja aber was denn? Zalando (Rocket Internet war, ich gebe es zu, super im Kopieren von Trends aus den USA. Die Betonung liegt auf war). Und heute ist Berlin auch nicht mehr so cool, ganz ehrlich gesagt. Aber das ist ein anderes Thema.
Auch in der Raumfahrt waren und sind die USA tonangebend. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Europa zerstört und mit Wiederaufbau beschäftigt. Die USA dagegen führten den Westen im Kalten Krieg gegen die Sowjets an – mit Raumfahrt und Militärtechnologie als entscheidenden Entwicklungsfeldern. Ergebnis: 1969 stand ein Amerikaner auf dem Mond. Der Westen gewann den Kalten Krieg, die USA standen an der Spitze – und haben seither nicht vor, ihre Position kampflos abzugeben. Elon Musk mag ja manchmal seltsame Dinge sagen, aber haben die Schweizer Space X erfunden? Oder die Deutschen? Wann habt ihr das letzte Mal ein Europäisches Handy gekauft? Einen Europäischen Laptop? Eben. Die Dinger kommen nämlich aus den USA, China oder Südkorea. Aus Europa kommen Bordeaux-Weine und Emmentaler. Auch gut, aber wieso kann man in Deutschland Irischen oder Bulgarischen Emmentaler kaufen aber wer ausserhalb der Champagne nur daran denkt Champagner auf die Etikette zu drucken bekommt Abmahnungen bis an die Pyrenäen? (Frage an die Käseunion).

Warum gewinnen die Amerikaner immer wieder?
Der Kalte Krieg ist seit über 30 Jahren vorbei – und trotzdem sind die USA immer noch an der Spitze. Warum?
• Risikotoleranz & Optimismus – Scheitern ist in den USA kein Stigma, sondern Antrieb, es erneut zu versuchen.
• Kapitalmärkte – US-Venture Capital ist riesig, schnell und weniger risikoscheu als das vorsichtige europäische Kapital. Und ja, sogar die Europäer investieren lieber in den USA als zuhause.
• Grösse & einheitlicher Markt – Die USA sind ein riesiger, homogener Binnenmarkt. Europa ist fragmentiert: Sprachen, Grenzen, Bürokratie. Zu Bürokratie in Europa, ja, auch in der Schweiz, könnte man ganze Bücher schreiben.
• Bildung & Kultur des Unternehmertums – Stanford, MIT und Co. fördern Gründergeist, während viele europäische Universitäten immer noch Titel wichtiger nehmen als Wirkung.
• Immigration & Talent-Magnet – Die besten Köpfe der Welt wandern in die USA aus – auch viele Europäer. Sergey Brin (Google) und Elon Musk (Tesla) sind Paradebeispiele.

Was muss Europa ändern?
Die Europäer sind risikoscheuer, setzen auf Karriere-Sicherheit und lieben ihre Regulierung. Forschung ist tief, aber Umsetzung zögerlich. Innovation entsteht so kaum. Und am liebsten arbeiten die Europäer beim Staat. Dieser Trend hat auch in der Schweiz angefangen. Ex-Manager setzen sich beim Staat für gutes Geld ins Nestchen oder wollen gleich direkt nach dem Studium dorthin.
Und viele der besten Köpfe verlassen Europa, um ihre Ideen in den USA umzusetzen. Diejenigen, die „auf Nummer sicher“ gehen wollen, bleiben – im Staatsdienst, in Konzernen. So bleibt wenig Raum für wirkliche Neuerungen. Was denkt ihr wieviele Staatsbedienstete oder Konzernmanager auf allen möglichen Ebenen durch die Korridore schlurfen und deren Absenz niemandem auffallen würde?
Was also tun?
1. Aufhören, auf Erlaubnis zu warten. Wer etwas will, soll es machen. Schnell, laut, notfalls chaotisch. Wer scheitert, macht weiter.
2. Lauter werden. Amerikaner gelten als zu laut – vielleicht ist genau das ihr Vorteil. Wer an etwas glaubt, sollte es in die Welt hinausposaunen.
3. Global denken. Wer zuhause nicht die richtigen Leute oder Ressourcen findet, soll international gehen. Kooperation oder Kapital aus den USA? Warum nicht?
Trump: Ein unerwarteter Katalysator?
Donald Trump ist ein Joker in der Weltpolitik, ein Trickster (aus der mittelalterlichen Mythologie, einfach mal googeln). Aber vielleicht genau der Weckruf, den Europa braucht. Jahrzehntelang war Amerika der stabile Schutzschild Europas. Doch diese Stabilität ist brüchig geworden. Die USA haben weniger Interesse, Europa zu verteidigen – und das zwingt europäische Regierungen zum Umdenken.
Vielleicht ist jetzt die Zeit, sich von der amerikanischen Vormundschaft zu lösen und endlich selbst Verantwortung zu übernehmen.
Also
Europa denkt. Amerika baut.
Aber Denken allein schafft keine Innovation. Wer keine Risiken eingeht, bleibt Zuschauer.
Niemand verlangt, dass Europa Amerika kopiert. Aber ein wenig von der amerikanischen Dreistigkeit, der „Audacity“, könnte uns guttun. Weniger Grübeln, mehr Handeln. Weniger Zaudern, mehr Machen. Weniger auf die Amis zeigen und lachen. Ladenöffnungszeiten? 100 Feiertage? Frühpensionierung bei irgendwelchen Ämtern? Regeln für Gurkenkrümmungen? Baubewilligungen für jede Hundehütte? Kann man machen. Kostet uns, und unseren Kindern den Wohlstand. Und zwar subito, hat schon angefangen. Denn im Museum leben kostet. Also, weniger Müdigkeit, weniger Angst, weniger Überheblichkeit, vieeeel weniger Bürokratie, dann wird das auch was mit Europa.
Denn: Twittern ersetzt kein Erfinden.