Warum Nachlässe Deinem Unternehmen langfristig Schaden und was Du gegen den Rabatt-Reflex machen kannst
Wir sind im November und Black-Friday ist da – klar – alles günstig und rabattiert und so. Und auch sonst, jeder kennt die Szene: Ein potenzieller Kunde zeigt echtes Interesse, stellt Fragen, nickt zustimmend – und kurz bevor es zur Unterschrift kommt, kommt die berühmte Frage: „Da geht doch sicher noch was am Preis, oder?“
Viele Unternehmer und Führungskräfte haben sich daran gewöhnt, in solchen Momenten nachzugeben, die “Hosen herunterzulassen”. Ein schneller Rabatt hier, ein Nachlass dort – Hauptsache der Deal ist im Sack. Doch was kurzfristig nach einem cleveren Zug aussieht, ist langfristig oft Gift für die Profitabilität, die Marke und sogar die Unternehmenskultur.
Warum geben wir eigentlich so oft Rabatt?
Die Gründe sind vielfältig – und tief in unserer Psychologie verankert.
1. Der Wunsch zu gefallen
Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen hängt viel am persönlichen Kontakt. Man möchte den Kunden nicht verärgern, schon gar nicht verlieren. Also senkt man den Preis, um die Beziehung zu retten.
2. Die Angst, den Auftrag zu verlieren
Viele Verkäufer und Unternehmer haben internalisiert: Lieber mit weniger Marge verkaufen, als den Auftrag komplett verlieren. Das führt dazu, dass Rabatte oft als „sicherer Deal-Boost“ wahrgenommen werden.
3. Der Druck, schnell abzuschliessen
Quartalsziele, Liquiditätsdruck oder schlicht Ungeduld: Wer schnell zum Abschluss kommen will, greift oft zum einfachsten Mittel – dem Preisnachlass.
Woher kommt der ständige Rabatt-Wunsch der Kunden?
Das Phänomen ist vergleichsweise jung – und es hat viel mit unserem Konsumverhalten zu tun.
• E-Commerce und Black Friday
Wir sind es gewohnt, auf Amazon oder Zalando ständig Rabatte zu sehen. „Nur heute 20 %“ oder „Jetzt sparen Sie 50 Franken“. Konsumenten werden regelrecht darauf konditioniert, dass der angezeigte Preis nicht der „wahre“ Preis ist.
• Billigflüge und Hotelportale
Wer jemals ein Flugticket gebucht hat, weiss: Preise schwanken minütlich. Kunden haben gelernt, dass Geduld oder hartnäckiges Fragen bares Geld bringt.
• Globale Preistransparenz
Mit ein paar Klicks vergleicht man Angebote weltweit. Dieser Wettbewerb erhöht automatisch die Erwartung, dass immer noch „Spielraum“ im Preis ist.
Kurz gesagt: Viele B2B-Kunden verhalten sich längst wie B2C-Konsumenten. Sie fragen nach Rabatten nicht unbedingt, weil sie den Anbieter nicht wertschätzen – sondern weil sie es einfach so gewohnt sind.
Die Schattenseiten des Rabattierens
Was kurzfristig wie ein „schneller Sieg“ wirkt, hat langfristige Folgen.
1. Wertzerstörung der Marke
Wer ständig Rabatte gibt, signalisiert: „Unser Preis ist verhandelbar, unser Wert flexibel.“ Damit verliert das Angebot an Glaubwürdigkeit.
2. Trainierte Kunden
Ein Kunde, der einmal einen Rabatt bekommt, wird immer wieder danach fragen. Man konditioniert seine eigene Kundschaft – ähnlich wie man einen Hund mit Leckerli konditioniert.
3. Margen-Erosion
Kleine Prozente machen einen grossen Unterschied. Ein 10%-Rabatt kann schnell 30–40 % weniger Gewinn bedeuten, je nach Marge.
4. Demotivation im Team
Wenn Verkäufer wissen, dass Deals am Ende ohnehin über Rabatte entschieden werden, sinkt die Motivation, über Qualität, Service oder Mehrwert zu argumentieren.
5. Falsches Kundensegment
Ständige Rabatte ziehen die falschen Kunden an: jene, die nur nach dem niedrigsten Preis suchen und bei nächster Gelegenheit zum billigeren Anbieter wechseln.
6. Frustration bei den Kunden
Wenn 5*-Hotels einen Teil der Zimmer verschleudern, fühlen sich die Gäste, die den vollen Preis zahlen, irgendwann ver******. Und, das gleiche passiert in Firmen, wenn ein Teil der Kunden gemerkt haben, dass andere viel weniger für das gleiche bezahlen.
7. Die Qualität leidet
Wenn die Margen sinken, muss zwangsläufig irgendwo gespart werden. Die Rechnung zahlt wie immer der Kunde. Wer denn sonst?
Wie können Unternehmen aus der Rabatt-Falle ausbrechen?
1. Selbstbewusst den Wert kommunizieren
Der Schlüssel liegt darin, nicht über Preis, sondern über Wert zu sprechen. Statt: „Das kostet 5.000 Franken“, besser: „Dieses Projekt spart Ihnen jährlich 20.000 Franken und reduziert Ihr Risiko um 30 %. Die Investition beträgt 5.000 Franken.“
2. Rabatte entkoppeln
Wenn Nachlässe nötig sind, sollten sie klar an Bedingungen geknüpft werden: z. B. grössere Bestellmengen, Vorauszahlungen oder längere Vertragslaufzeiten. So wird der Rabatt zur Gegenleistung – und nicht zur Selbstverständlichkeit.
3. Alternative Anreize schaffen
Statt Preisnachlässen können Zusatzleistungen angeboten werden: schnellere Lieferung, erweiterter Support, exklusive Beratung. So bleibt der Preis stabil, aber der Kunde fühlt sich wertgeschätzt.
4. Klare Preisstrategie entwickeln
Ein Unternehmen muss wissen, was seine Leistungen wert sind – und diesen Wert konsequent vertreten. Eine „Rabatt-Kultur“ entsteht oft dort, wo keine klare Preispolitik existiert.
5. Mitarbeiter trainieren
Verkaufsteams müssen geschult werden, wie sie Preisgespräche führen, Einwände behandeln und Mehrwert argumentieren können. Ein einfaches „Ja“ zum Rabattwunsch darf nicht die Standardreaktion sein.
Ein Beispiel aus der Praxis
Ein mittelständisches IT-Unternehmen gab über Jahre hinweg standardmässig 10 % Rabatt auf fast jedes Angebot. Die Folge: Kunden fragten schon vor Angebotsabgabe nach dem Nachlass. Neue Kunden gingen sogar davon aus, dass „Listenpreise“ nur Formalität seien.
Nach einer strategischen Neuausrichtung stoppte das Unternehmen diese Praxis. Stattdessen wurden Servicepakete geschnürt, die klaren Mehrwert boten (z. B. 24/7-Support). Nach anfänglichen Widerständen stabilisierten sich die Margen, die Kundenbeziehungen wurden professioneller – und die Umsätze wuchsen, weil man die eigenen Leistungen besser verkaufen konnte.
Rabatte sind aber kein Teufelswerkzeug – sie haben in manchen Situationen ihre Berechtigung. Aber: Wer reflexartig nachgibt, schadet sich langfristig selbst. Rabatte sollten als “Closing-Tool” verwendet werden und an klare Bedingungen geknüpft sein.
• Kunden werden konditioniert, den Preis immer in Frage zu stellen.
• Die Marke verliert an Wert.
• Margen und Motivation erodieren.
Die Lösung liegt nicht darin, Rabatte zu verteufeln – sondern sie strategisch einzusetzen. Mit klarer Preisstrategie, Wertargumentation und geschulten Teams können Unternehmen dem Rabatt-Druck standhalten.
Denn am Ende gilt: Ein Unternehmen, das seinen Wert nicht selbstbewusst vertritt, darf nicht erwarten, dass es der Kunde tut.
