Kinder, Mann, Freundin & Co in der Firma

René Albert

Achtung Familie! Warum du dir gut überlegen solltest, ob du Ehepartner & Co. im Unternehmen beschäftigen willst

In vielen kleinen und mittleren Unternehmen ist es gang und gäbe: Die Ehefrau hilft in der Buchhaltung, der Mann macht die IT, der Sohn übernimmt die Website, die Tochter macht das Marketing. Klingt praktisch – ist aber oft eine Zeitbombe.

Wie immer klingt theoretisch alles super, aber in der Realität bringen familiäre Arbeitsverhältnisse meist mehr Probleme als Lösungen. In diesem Artikel reden wir darüber, warum du besser zweimal nachdenken solltest, bevor du deine Familie einstellst.

„Familie ist doch am verlässlichsten“ – oder?

Das ist der Klassiker: „Meiner Frau kann ich vertrauen, sie macht das schon.“ Oder: „Mein Sohn kennt sich doch mit Computern aus, der kann uns die Website basteln.“ Basteln ist nämlich genau das Wort! Auf den ersten Blick mag das stimmen – aber Vertrauen ersetzt keine Qualifikation, keine Prozesse und schon gar keine professionelle Distanz.

In vielen Fällen wird das Unternehmen zur Bühne für familiäre Spannungen, unausgesprochene Erwartungen und fehlende Grenzen. Und was als unkomplizierte Lösung gedacht war, wird zum emotionalen Minenfeld. Hast du das in einem kleinen Betrieb schon gesehen, wie Familienangehörige miteinander “fighten”?

Die grössten Risiken, wenn die Familie mitarbeitet

1. Private Konflikte schleppen sich ins Büro – und umgekehrt

Wenn es zu Hause kracht, kracht’s im Büro mit. Und wenn es im Büro Spannungen gibt, wird abends nicht mehr entspannt gegessen, sondern weiter diskutiert. Die Trennung von Arbeit und Privatleben verschwindet – und das führt oft zu dauerhafter Überlastung, Frust oder emotionalem Rückzug.

Wer will schon, dass der gemeinsame Sommerurlaub zum erweiterten Büro wird?

2. Klare Rollen? Fehlanzeige.

In vielen Familienunternehmen ist unklar, wer eigentlich wofür zuständig ist. Wenn die Ehefrau „ein bisschen mithilft“ oder der Sohn „auch mal ein paar Aufgaben übernimmt“, ist Chaos vorprogrammiert. Es fehlen Jobbeschreibungen, Verantwortungsklarheit, Feedbackstrukturen. Das würde bei normalen Mitarbeitenden nie durchgehen – bei Familie wird’s stillschweigend toleriert. Mit fatalen Folgen. Denn die anderen, “normalen” Mitarbeiter sehen das. Und sind gefrustet.

3. Leistung zählt weniger als Loyalität

Klingt hart, ist aber Realität: In vielen KMU ist es schwer, Familienmitgliedern ehrlich Rückmeldung zu geben. Kritik wird zur Beziehungsfrage, Leistungsdefizite werden schöngeredet, Fehlverhalten ignoriert. Und der Rest des Teams? Schaut zu – und fragt sich, warum hier mit zweierlei Mass gemessen wird.

Das zerstört auf Dauer die Teamkultur. Wer will schon mitarbeiten in einer Firma, wo es keine objektiven Massstäbe gibt, wo Beförderungen Familiensache sind?

4. Verdeckte Kosten und teure Umwege

Was nach einer günstigen Lösung aussieht („Dann macht das halt meine Frau, kostet ja nix“) ist oft teurer als gedacht. Denn wenn jemand ohne Ausbildung oder Erfahrung Aufgaben übernimmt, die eigentlich Spezialwissen erfordern – wie z. B. Buchhaltung, Webentwicklung, Vertrieb oder Personalmanagement – schleichen sich Fehler ein, Prozesse werden ineffizient, Chancen gehen verloren, Prozesse sind ineffizient, Business-Chancen werden nicht gesehen.

Am Ende muss ein Profi aufräumen. Oder man merkt es erst, wenn’s zu spät ist.

5. Risiko bei Trennung oder Erbstreit

Was viele verdrängen: Wenn eine Ehe zerbricht, endet das gemeinsame Arbeiten selten friedlich. Plötzlich geht es nicht mehr nur ums Unternehmen, sondern ums Prinzip, ums Geld, um die Kinder, ums „Was dir gehört, gehört auch mir“-Thema.

Auch die Unternehmensnachfolge kann zum Albtraum werden, wenn mehrere Familienmitglieder involviert sind, aber keine klare Regelung existiert. Erbstreitigkeiten oder ungeklärte Besitzverhältnisse haben schon viele gesunde Betriebe ruiniert.

6. Gefahr der Scheinbeschäftigung

Entweder du behandelst alle gleich – dann sparst du auch kein Geld mehr. Oder dann wird einfach ein wenig mitgeholfen, oder du zahlst für eine nicht erbrachte Leistung. Aber das Steueramt liebt Familienunternehmen – besonders, wenn es dort Auffälligkeiten gibt. Wenn Ehepartner „offiziell“ angestellt sind, aber in Wirklichkeit nicht arbeiten, oder wenn Saläre unverhältnismäßig hoch sind, wird’s schnell heikel.

Psychologische Dynamik: Wer sagt wem eigentlich was?

In einem normalen Unternehmen ist klar: Es gibt eine Hierarchie, Feedback läuft strukturiert, Entscheidungen werden auf der Sachebene getroffen. In Familienunternehmen? Auf keinen Fall. Da mischen sich emotionale Bindungen mit Business-Entscheidungen – eine extrem gefährliche Kombination. Wenn du denkst, dass du hier drüberstehst – super, dann glaub daran…

• Sagst du deiner Frau, dass sie genauer arbeiten soll??

• Sagst du deinem Sohn, dass er zu spät kommt und nicht zuverlässig ist?

• Sagst du deinem Mann dass die Email, die er schreibt, langweilig und altmodisch sind?

• Sagst du deiner Schwiegermutter, dass ihre Aufgaben künftig jemand anderes übernimmt?

• Sagst du deiner Tochter dass die Webseite wirklich alt aussieht, die Visitenkarte langweilig und dass 24 verschiedene Fonts im Leaflet uncool sind?

Genau. Wahrscheinlich nicht. Und genau da fängt das Problem an.

Was du tun kannst

Wenn du trotzdem darüber nachdenkst, Familienmitglieder ins Unternehmen zu holen – hier ein paar klare Empfehlungen, damit es nicht schiefläuft. Oder wenn du absolut willst oder musst, aus irgendwelchen Gründen.

1. Trenne Beziehung und Rolle strikt

In der Firma gilt: Jede Person hat eine klar definierte Funktion – unabhängig von der familiären Beziehung. Kein Ehrenamt, keine „kann ja mal reinschauen“-Mentalität.

2. Zieh externe Fachkräfte vor – wo es Sinn macht

Es gibt fast immer jemanden, der objektiver, erfahrener und neutraler ist als dein Bruder oder deine Tochter. Vermeide Komfortlösungen – sie kosten dich auf Dauer mehr.

3. Lass Verträge, Vergütung und Erwartungen extern prüfen

Ein externer Berater oder Anwalt kann helfen, klare und faire Strukturen zu schaffen – bevor sich familiäre Schieflagen verfestigen.

4. Sei ehrlich zu dir selbst

Warum willst du deinen Partner oder deine Tochter einstellen? Aus echtem Bedarf – oder weil du dich nicht traust, aussen zu suchen? Oder weil deine Tochter so “superkreativ” ist? Emotionen sind schlechte Ratgeber in der Personalplanung.

So hart es klingt: Ein Unternehmen ist kein Familienprojekt, du willst ja Geld verdienen. Wer langfristig erfolgreich sein will, braucht klare Regeln, objektive Leistungsmessung und funktionierende Kommunikation. Die emotionale Nähe, die man in der Familie so schätzt, wird im geschäftlichen Kontext oft zur Belastung.

Deshalb gilt: Liebe deine Familie – aber mach sie nicht automatisch zu deinem Arbeitsteam.

Wie ein alter Hase in einer Firma sagte, wo ich mal gearbeitet habe: Zuerst hast du zuhause ein Problem, dann in der Firma, und dann überall.