Vision oder Eitelkeit? Der Egomanische CEO – in Startups und anderswo
Wir wissen alle, was ein übergrosses Ego bei jemandem an der Macht anrichten kann – man muss nur auf Elon Musk schauen, mit seinem wilden Social-Media-Auftritt und seiner politischen Aktivität in den letzten Jahren. Solche Egomanen unter den CEOs mögen zwar eine geniale Vision haben, doch wenn das Ego ausser Kontrolle gerät, kann es diese komplett entgleisen lassen. Das schadet letztlich auch dem Unternehmen: Ein unberechenbarer CEO schreckt Investoren und Käufer gleichermassen ab.

Was wäre ein besseres Beispiel für ein durchgedrehtes Ego als ein südafrikanischer Unternehmer, der sich in die US-Regierung drängt? Der Tesla-Aktienkurs ist im letzten Jahr rauf- und runtergeschossen – immer schön parallel zu Musks erratischer Politkarriere. Als er sich dem frisch vereidigten Präsidenten Trump annäherte, ging die Aktie zunächst nach oben – der Erfolg war aber nur von kurzer Dauer. Im März fiel sie wieder auf ein Tief, was gut zu Musks schwindender Beliebtheit bei amerikanischen Wählern und europäischen Beobachtern passte (einige von ihnen verklagten Tesla sogar, weil die Marke angeblich zu einem Symbol der extremen Rechten geworden war). Ende Mai kam es dann zum öffentlichen Bruch zwischen Musk und Trump – woraufhin der Aktienkurs prompt wieder stieg.
Trump ist ja quasi das Paradebeispiel für den „Businessman turned President of the World“. Kein Wunder also, dass andere versuchen, seinem Vorbild zu folgen. Doch wie das Leben zeigt, geht es diesen Leuten meist nur um den eigenen Erfolg – ihre Unternehmen stehen an zweiter Stelle, und die Mitarbeiter irgendwo ganz unten auf der Prioritätenliste.
Die Prototypen des Grössenwahns
Wir haben schon über Elon Musk gesprochen – den Mann mit den grossen Visionen über Elektroautos und Raumfahrt, aber auch mit dem Hang, sich in Politik und Social Media zu verzetteln, was zu polarisierenden Meinungen und Unberechenbarkeit führt. Dann gibt es noch Trump, den Prototyp des machthungrigen Polit-Unternehmers. Und andere?
Steve Jobs war ebenfalls berühmt-berüchtigt für seine Eigenheiten. Ein Produktgenie, das die Tech-Welt für immer verändert hat – aber auch ein Kontrollfreak, der jedes Detail bestimmen wollte. Jobs war der Visionär, Cook dagegen ist der Supply-Chain-Operator und Finanzmensch. Unter ihm wurde Apple stabiler und strukturierter – aber auch weniger visionär. Denn, seit Jahren hat Apple eben auch kein visionäres Produkt gelauncht.
2023 forderte Elon Musk Mark Zuckerberg zu einem Cage Fight heraus – und Zuckerberg sagte tatsächlich zu (Musk schlug zudem einen buchstäblichen „Penis-Vergleich“ vor). Der Kampf fand natürlich nie statt, aber die monatelange gegenseitige Provokation war ein Paradebeispiel für einen Clash der Egos. Zuckerberg, bekannt aus The Social Network als selbstverliebter Narziss – ob das Bild im Film ganz stimmt, wissen wir nicht, aber wer bereit ist, sich mit einem Konkurrenten in einen Käfig zu stellen, hat definitiv ein Ego-Thema.
Während Zuckerberg also gegen Musk auf Social Media kämpft, liefern sich Jeff Bezos und Richard Branson ein anderes Duell – das um den Weltraum. Eine Gruppe reicher Männer, die sich selbst ins All schiesst, um das Gefühl zu haben, etwas zu tun, was sonst keiner kann. Bezos sorgte ausserdem für Empörung, weil er grosse Teile von Venedig für seine Hochzeit mietete – und weil er in der Washington Post (die ihm gehört) eine Karikatur löschen liess, die ihn beim Kniefall vor Donald Trump zeigte.
Kurz gesagt: So gut wie jeder Milliardärs-CEO ist ein zertifizierter Egomane. Aber auch kleinere Unternehmen sind nicht vor selbstverliebten Chefs sicher.
Warum Gründer oft zu Egomanen werden
Für dieses Phänomen gibt es sogar einen Namen: das Founder’s Syndrome. Gemeint ist eine Situation, in der der Gründer auch nach der Etablierung des Unternehmens zu viel Macht behält – was fast immer zu Problemen führt. Das passiert, wenn jemand seine Identität zu stark mit der Firma verknüpft und nicht mehr loslassen kann. Die Führung wird zwanghaft und autoritär, der Gründer umgibt sich mit Freunden und Ja-Sagern, und übermässiges Selbstvertrauen führt zu Kurzschlussentscheidungen und Instabilität. Und das Schlimmste: Wer einmal im Founder’s Syndrome steckt, ist nur schwer davon zu überzeugen, dass er sich ändern muss.
Ein unkontrolliertes Ego kann Strategien zum Scheitern bringen – aber manchmal auch zu Höchstleistungen führen. Selbstbewusstsein kann Grosses bewirken, doch wenn es überhandnimmt, endet es meist im Crash. Fakt ist: Selbstsichere Gründer gehen mehr Risiken ein und sind oft innovativer – und manchmal braucht es genau das, um wirklich etwas zu bewegen.
Die gute, die schlechte und die ausgewogene Seite des Egos
Ego-getriebene Führungskräfte können Wachstum entfachen – aber ohne Grenzen droht der Absturz. In der Tabelle unten siehst du eine Zusammenfassung der Vor- und Nachteile eines übermässig selbstbewussten, kontrollierenden Chefs. Ziel ist es, die positiven Seiten zu fördern, ohne die negativen zuzulassen.

Reflexionshilfe für Unternehmer
Wenn du dich fragst, ob dein Ego deinem Unternehmen im Weg steht, stell dir die Frage: Führe ich mit Vision – oder mit Eitelkeit?
Hier sind drei Bereiche, über die du nachdenken solltest:
• Entscheidungen: Sind sie datenbasiert oder eher spontan?
• Teamkultur: Gibt es hohe Fluktuation – oder eine offene, stabile Kultur?
• Nachhaltigkeit: Funktioniert das Wachstum auch ohne mich?
Und was kannst du konkret tun, um dein Ego im Zaum zu halten? Baue früh Governance-Strukturen auf – etwa einen Beirat oder externe Coaches – und fülle sie nicht mit Ja-Sagern. Umgib dich mit Menschen, die ehrlich sind und konstruktives Feedback geben. Hole dir regelmässig Rückmeldungen aus dem Team, etwa über 360°-Reviews oder externe Moderationen. Und ganz wichtig: Demut. Denk nach, bevor du grosse öffentliche Aussagen oder riskante Entscheidungen triffst. Frag dich: Wem dient das eigentlich – dem Unternehmen oder mir selbst? Selbstbewusstsein und Ehrgeiz sind notwendig, um etwas zu erreichen – aber sie haben Grenzen. Wahre Weisheit liegt darin, den eigenen Antrieb mit Struktur, Wiederholbarkeit und Respekt für das Team auszubalancieren. Wenn dein Hauptziel dein eigenes Image ist, vernachlässigst du alles andere, was wirklich zählt.
Also: Baue ich mehr auf – oder verbrenne ich mehr?
Ein Vermächtnis entsteht nicht durch Kurzschlussentscheidungen und Selbstüberschätzung. Menschen um dich herum sind wichtig, und wer seine Grenzen kennt, kommt weiter. Wachstum, das auf Stabilität und klaren Köpfen beruht, trägt meist weiter als erratische Sprünge ins Ungewisse.
Aber, zum Schluss noch etwas Persönliches: Obwohl mir Musk manchmal auf die Nerven geht und Steve Jobs notorisch cholerisch war. Beide haben die Welt weitergebracht. Nur dank Steve Jobs hat heute jeder ein Smartphone das jeder von uns jeden Tag benutzt. Und Elektromobilität und günstige Satellitenkommunikation ist ohne Elon Musk undenkbar. Also, ein Egomane ist mir trotzdem noch lieber als ein grauer Schreibtischtäter der nichts bewegt und seine Mitarbeiter trotzdem drangsaliert.
Quellen:
[1] https://sms.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/smj.2519
[2] https://www.wired.com/story/tim-cook-steve-jobs-apple-ceo/
[3] https://www.businessinsider.com/tesla-stock-price-ytd-recap-tsla-elon-musk-trump-doge-2025-6
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