Chips ohne Grenzen: Die stille Halbleiter-Macht Schweiz

René Albert

Schweiz - ein Zentrum für High-End-Innovation und Forschung

Wenn man an grosse Player in der Halbleiterbranche denkt, kommt einem die Schweiz vermutlich nicht als erstes in den Sinn. Ein kleines, landumschlossenes Land ohne viele natürliche Ressourcen ausser Wasser und Kühen – das klingt erstmal nicht nach einem Tech-Hotspot. Doch weit gefehlt: Die Schweiz trägt überraschend viel zur Halbleiterwelt bei – vor allem mit Fokus auf Forschung und Entwicklung, die echte Hightech-Innovationen vorantreiben.

Herausforderungen und Chancen

Ohne direkten Zugang zum Meer, grosse Rohstoffvorkommen oder Billigarbeitskräfte, um riesige Chipfabriken zu betreiben, setzt die Schweiz lieber auf ihre Stärken: Präzisionsengineering, Innovation und ein exzellentes Bildungssystem. Kein Land auf der Welt meldet pro Kopf mehr Patente an – und viele davon im Elektronikbereich. Mit der ETH Zürich und der EPFL hat die Schweiz zwei Top-Unis im Technikbereich, die international mitmischen. Und übrigens: Europas grösster Halbleiterkonzern, STMicroelectronics, hat seinen Firmensitz in der Schweiz.

Natürlich gibt es derzeit auch Gegenwind – unter anderem durch verstärkte Produktionsinitiativen in anderen Ländern und die teilweise Ausgrenzung der Schweiz aus EU-Forschungsprogrammen. Doch die Eidgenossen bleiben kreativ, entwickeln weiter auf hohem Niveau und setzen auf Zusammenarbeit im eigenen Land. Initiativen wie SwissChips bringen die wichtigen Akteure an einen Tisch, um gemeinsam Ressourcen und Innovationen voranzutreiben.

Die wichtigsten Player der Schweizer Halbleiterbranche

Einige der wichtigsten Namen in der Branche mit Sitz in der Schweiz:

• STMicroelectronics ist Europas grösster Halbleiterkonzern im Bereich Design und Auftragsfertigung (OEM). Hauptsitz: Genf. Die Produktion findet vor allem in Frankreich, Italien und weiteren Ländern statt.

• u-blox aus Thalwil ist ein sogenannter „fabless“ Chip-Entwickler und konzentriert sich auf Funkchips und Module für das Internet der Dinge (IoT).

• EM Microelectronic, Teil der Swatch Group und ansässig in Marin, entwickelt extrem stromsparende Chips für batteriebetriebene und energieautarke Anwendungen.

• Schurter aus Luzern stellt elektronische Bauteile her und ist mittlerweile auch im Bereich Superkondensatoren unterwegs.

• Zurich Instruments, ein Spin-off der ETH Zürich, sitzt – wie der Name schon vermuten lässt – in Zürich und entwickelt High-End-Messgeräte für Forschung und Industrie.

Die Key Player in der Schweizer Halbleiter-Industrie

Forschungseinrichtungen und Hochschulen

Wie schon erwähnt, hat die Schweiz einige Top-Unis, die ganz vorne mitspielen, wenn es um Halbleiter-Forschung und -Entwicklung geht – allen voran die ETH Zürich (Eidgenössische Technische Hochschule) und die EPFL in Lausanne. Die ETH und die EPFL gelten auch im internationalen Vergleich als Spitzen-Universitäten, deren Absolventen durch Praxisnähe und wissenschaftliche Leistungen glänzen.

An der ETH gibt es ein hochmodernes “Power Semiconductors Laboratory”, das sich mit der Optimierung und der Entwicklung neuer Materialien beschäftigt. Außerdem forscht dort die Wegscheider-Gruppe an neuartigen Halbleiter-Quantenmaterialien. Die EPFL in Lausanne wiederum betreibt ein eigenes Halbleiterlabor mit Fokus auf Anwendungen in der Quantenforschung und bei der Nutzung erneuerbarer Energien. Beide Unis veröffentlichen regelmässig wegweisende Publikationen und gelten international als Vorreiter in Sachen Hightech-Innovation.

Dann wäre da noch das Swiss Center for Electronics and Microtechnology (CSEM) in Neuenburg – ein F&E-Zentrum, das sich mit Präzisionsfertigung, Digitalisierung und erneuerbaren Energien beschäftigt. Über 200 Patente wurden dort bereits angemeldet.

All diese Institutionen – ETH, EPFL und CSEM – arbeiten im Rahmen des Projekts SwissChips eng zusammen, gemeinsam mit dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Ziel des Projekts (Laufzeit: 2024–2026) ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz in der globalen Halbleiterbranche zu sichern – und zu steigern. Dafür fliessen große Investitionen, und die im Rahmen von SwissChips geschaffene Infrastruktur steht dann allen Hochschulen und Forschungsstätten im Land offen. Das soll die Zusammenarbeit fördern und neue Chancen für Forschung und Entwicklung schaffen.

SwissChips Investments

Start-ups und Innovationszentren

Wo Innovation ist, sind Start-ups meistens nicht weit. Und die Schweiz hat in Sachen Halbleiter-Start-ups einiges zu bieten. Hier ein paar der spannendsten jungen Unternehmen im aktuellen Schweizer Ökosystem:

• ActLight: Entwickelt CMOS-Photonik und neuartige Lichtsensoren – hier geht es um die nächste Generation von Lichttechnologie.

• AlpsenTek: Arbeitet an Sensoren und Algorithmen für Maschinenvision – quasi ein Quantensprung für visuelle Sensorik.

• Lumiphase: Stellt besonders schnelle und stromsparende Modulatoren für optische Verbindungen her.

• Synthara Technologies: Entwickelt Chips fürs „In-Memory Computing“, die extrem schnell und energieeffizient sind – mit KI-Unterstützung.

• RAAAM Technologies: Arbeitet an Lösungen, um die Speicherleistung direkt auf dem Chip zu erhöhen – vor allem für moderne Anwendungen wie KI.

• Hexisense: Nutzt Galliumnitrid auf Saphir zur Herstellung von Chips für Gassensoren – Hightech vom Feinsten.

Klein zu sein hat also auch Vorteile. In Kombination mit innovativen Universitäten, einer hohen allgemeinen Lebensqualität und der Lage mitten im Zentrum Europes hat sich die Schweiz im Bereich der Halbleiterindustrie zu einem interessanten Hub für Universitäten, Unternehmern, Studenten und finanzkräftigen Investoren gemausert. Der Schlüssel zum Erfolg? Zusammenarbeit auf allen Ebenen und die sprichwörtliche Schweizer Flexibilität.