Warum wechseln erfahrene Führungskräfte vom Konzern ins KMU?
Nach vielen Jahren in durchgestylten Büros und Glaspalästen multinationaler Konzerne sehnen sich viele Führungskräfte nach etwas Echtem, Unverfälschtem. Der Reiz? Nähe zum Geschehen. Mehr Kontrolle, mehr Verantwortung und die Chance, einen direkten Einfluss zu nehmen, ohne durch zehn Hierarchieebenen zu müssen. Denn, was viele Manager wissen aber selten zugeben – eigentlich ist Ihr strategischer Einfluss bei einem Konzern oft minimal oder gar nicht vorhanden.
Sie lassen den vorhersehbaren Rhythmus des Grossunternehmens hinter sich und suchen die Energie kleinerer Firmen – wo Entscheidungen schneller fallen, Titel weniger zählen und jeder Erfolg (oder Fehler) sofort spürbar ist. Ein verlockender Schritt. Aber oft durch die rosaroter Brille geschönt.
Denn obwohl diese Führungskräfte manchmal strategische Erfahrung und meistens operative Disziplin sowie Skalierungs-Knowhow mitbringen, ticken KMUs und Startups anders, und andere Skills sind gefragt: Hier zählen Improvisationstalent, Geschwindigkeit und die Fähigkeit, mit Unsicherheit umzugehen.
Der Wechsel kann transformierend sein – aber nur für diejenigen, die bereit sind, Top-down-Kontrolle gegen Hands-on-Arbeit und Theorie gegen die chaotische Realität der Umsetzung einzutauschen. Denn Manager sind es gewohnt zu delegieren. Und Manager – auch Topmanager – tragen selten die Verantwortung für Entscheidungen die sie in der Vergangenheit getroffen haben, da sie relativ häufig Positionen oder Firmen einfach wechseln. Sie werden deshalb eher selten mit den Konsquenzen ihres Tuns konfrontiert. Der Fokus auf den Fortschritt der eigenen Karriere ist oft wichtiger, als die Firma wirklich voranzubringen. Bei kleineren Firmen oder Start-Ups machen sich Entscheidungen schneller bemerkbar. Sehr viel schneller sogar. Aber Manager aus Konzernen verfügen auch über einige “Geheimwaffen”:
Stärken, die sie in KMUs & Startups einbringen
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Strukturiertes Entscheiden & Planen
Führungskräfte aus Grossunternehmen sind es gewohnt, Entscheidungen auf Basis von Daten, KPIs und bewährten Frameworks zu treffen. In Startups, wo oft aus dem Bauch heraus entschieden wird, bringen sie Balance an den Tisch – helfen Teams, einen Schritt zurückzutreten, zu evaluieren und bewusst zu wählen, statt nur dem Instinkt zu folgen.
Kostenmanagement & Effizienz
Sie wissen, wie man Ambitionen mit finanzieller Verantwortung in Einklang bringt. Sie können unnötige Ausgaben streichen, ohne das Wachstum zu gefährden – bringen Budgetplanung und ROI-orientiertes Denken in leidenschaftlich geführte Startups, die oft den Profit aus den Augen verlieren.
Prozessoptimierung & Skalierbarkeit
Diese Führungskräfte haben erlebt, wie Skalierung aussieht – und was dabei schiefgehen kann. Mit Erfahrung in der Optimierung von Abläufen, dem Beseitigen von Engpässen und der Anwendung von Methoden wie Lean oder Agile können sie eine solide operative Basis schaffen. Das macht zukünftiges Wachstum reibungsloser, schneller und weniger chaotisch.
Netzwerk & Branchenkontakte
Jahre in leitenden Positionen bringen ein wertvolles Netzwerk mit sich. Ob es darum geht, strategische Partnerschaften zu schliessen, frühzeitig Finanzierung zu sichern oder Top-Talente zu gewinnen – ihr Adressbuch ist Gold wert. In der Startup-Welt können “Introductions” bei wichtigen Kontakten entscheidend für den Geschäftserfolg sein – und diese Führungskräfte haben viele davon.
Führung & Teamentwicklung
Mit Erfahrung in der Leitung grosser Teams durch Wandel, Wachstum und Krisen bringen sie einen reifen, stabilen Führungsstil mit. Sie sind geschickt im Mentoring, im Aufbau von Unternehmenskultur und darin, inmitten von Chaos Klarheit zu schaffen – Qualitäten, die junge Teams in leistungsstarke, zielorientierte Organisationen verwandeln können.
Herausforderungen für Top-Manager in KMUs und Start-Ups
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Fehlende echte Entscheidungserfahrung
Viele glauben, sie hätten in ihren Konzernrollen wichtige Entscheidungen getroffen – bis sie in einem Startup landen. Tatsächlich werden viele Entscheidungen in Konzernen durch Gremien, Vorstände oder die Zentrale gefiltert. In kleineren Unternehmen gibt es kein Sicherheitsnetz. Jede Entscheidung hat direkte, persönliche Konsequenzen, und die Verantwortung ist sofort spürbar. Sogar bei Weltkonzernen sind sogenannte “Middle Manager”, die mittlere Führungsebene, oft wichtiger für strategische Entscheidungen als VPs – für viele kaum vorstellbar, aber oft wahr!
Keine unterstützenden Systeme
Im Konzern können Führungskräfte überall auf Unterstützung zählen: Legal Teams prüfen Verträge, HR kümmert sich um Konflikte, die Finanzabteilung überwacht Budgets, IT behebt technische Probleme. Diese Komfortzone verschwindet schnell. In einem KMU oder in einem Start-Up ist man selbst das Support-System – oder man findet schlanke, kreative Alternativen. Delegieren weicht dem Selbermachen.
Mentalitätswechsel: Umsetzung statt Strategie
Im Konzernleben wird das “Executen” belohnt, das Ausführen von Plänen anderer. Das gilt auch für die Geschäftsleitung lokaler Niederlassungen oder Länderzentralen, oft sogar für die Manager ganzer Regionen. Und Senior Managers oder VPs executen nicht selbst – sie üben Druck auf das Middle Management aus. Die tatsächliche Strategie und das tatsächliche Ausführen passiert also woanders. In einem Start-Up oder einer kleineren Firma hingegen sind genau diese zwei Bereiche integraler Bestandteil der Aufgabe von Managern. Und Start-Ups brauchen Macher. Eine brillante Strategie ohne Umsetzung ist nur teure Theorie. In KMUs müssen Ideen mit Taten einhergehen. Führungskräfte müssen selbst anpacken, schnelle Entscheidungen treffen und ständig basierend auf realem Feedback anpassen.
Begrenzte Ressourcen & Budgetbeschränkungen
Die grosszügigen Budgets und grossen Agenturverträge sind passé. Stattdessen müssen Führungskräfte mit knappen Margen jonglieren, jeden Franken strecken und kreative Kompromisse eingehen. Wachstum ist weiterhin wichtig – aber jetzt muss es mit halben Ressourcen und doppeltem Einsatz geschehen. Finanzielle Disziplin wird zur Kunst, nicht nur zur Gedächtnisübung.
Kulturschock: Geschwindigkeit & Unsicherheit
Startups leben von Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit. Veteranen aus Konzernen, die an mehrmonatige Planungszyklen gewöhnt sind, können sich von diesem Tempo überwältigt fühlen. Es gibt weniger Meetings, mehr Experimente und ständige Veränderungen. Erfolg hängt nicht nur davon ab, Schritt zu halten – sondern das Chaos zu akzeptieren und das Unbekannte zu lieben.
Chancen: Wie Führungskräfte in KMUs und Startups erfolgreich sein können
Struktur nutzen – ohne Bürokratie
Einer der grössten Pluspunkte, den erfahrene Führungskräfte mitbringen, ist ihr organisatorisches Know-how – aber bitte in der richtigen Dosis. Es geht darum, Strukturen zu schaffen, die Klarheit bringen, nicht Bürokratie. Einfache Dashboards, fokussierte KPIs und klare Rollenverteilungen sind Gold wert. Die endlosen Meetings und abteilungsübergreifenden Freigaben? Die lassen wir besser hinter uns. Hier zählt Agilität, nicht Regelwut.
Fokus auf Umsetzung, nicht nur Strategie
Visionen sind wichtig – aber in einem KMU müssen sie gelebt werden, nicht nur besprochen. Das bedeutet, persönlich dort einzuspringen, wo es nötig ist: mit Lieferanten verhandeln, Kunden betreuen oder Probleme an der Front lösen. Führung bedeutet hier, sichtbar und aktiv zu sein. Der Erfolg kommt durch die Mischung aus langfristigem Denken und kurzfristigem Anpacken.
Umgib Dich sich mit Macherinnen und Machern
Vergiss den Reflex, andere Führungskräfte einzustellen. Suche stattdessen nach Macherinnen und Machern: Entwickler, Marketer, Designer, Vertriebler – Menschen, die in Unsicherheit aufblühen. Höre ihnen zu. Lerne, wie Dinge tatsächlich gebaut und verkauft werden. Deine Erfahrung auf operativer Ebene schliesst die Lücke zwischen Strategie und Realität – und hält den Laden am Laufen.
Vertrieb und Marketing an KMU anpassen
Die Hochglanz-Präsentationen und globalen Kampagnen aus dem Konzern funktionieren hier nicht. Verkauf auf diesem Level ist oft persönlich, schnell und beziehungsgetrieben. Sei bereit, selbst zum Hörer zu greifen, Produkte zu präsentieren und schnell auf Feedback zu reagieren. Agilität und Authentizität schlagen oft Hochglanz und Grösse.
Bereit sein für emotionale und finanzielle Risiken
Die Einsätze fühlen sich höher an – weil sie es sind. Anders als in einem Grosskonzern ist das Scheitern deiner Firma dein Scheitern, deine Verantwortung. Ähnlich wie in der Politik reden Führungskräfte sehr gerne von Verantwortung “Accountability” – und vermeiden sie selbst. Und ohne Sicherheitsnetz trifft ein Scheitern härter – und schneller. Aber mit dem Risiko kommt auch das Wachstum. Der Weg im Startup erfordert Resilienz, Selbstvertrauen und die Bereitschaft, auf sich selbst zu setzen, auch wenn der Ausgang alles andere als sicher ist.
Fazit: Vom Eckbüro zum Macher
Der Schritt vom Konzernhochhaus in die schnelle Welt von KMUs und Startups ist gleichermassen aufregend wie auch herausfordernd. Er erfordert Mut, Anpassungsfähigkeit und die Bereitschaft, alte Muster zu hinterfragen. Aber für diejenigen, die den Wandel annehmen, sind die Belohnungen real, permanent – und lebensverändernd.
Planst Du solch einen Schritt? Dann wirf einen ehrlichen Blick auf deine Stärken – und deine Schwächen. Bist du bereit anzupacken, Risiken zu übernehmen und wirkliche Verantwortung zu übernehmen? Willst du mit Mitarbeitern zu tun haben die nicht nur Ja-Sager sind und dir sagen was du hören willst? Dann los – der Weg ist bestimmt nicht einfach, aber vielleicht der erfüllendste den du bis jetzt gegangen bist.