Soll Dein KMU ein Advisory Board haben?
Der Unterschied zwischen strategischem Gewinn und teurem Theater und warum ein Advisoryboard mehr bringen kann als der (vorgeschriebene) Verwaltungsrat. Du hast Dein Unternehmen von Grund auf aufgebaut – lange Nächte, harte Entscheidungen, jede Menge Einsatz. Und jetzt stehst Du an einem Punkt, an dem Du merkst: Das Wachstum stagniert. Investoren stellen unangenehme Fragen. Die Bank will „mehr Struktur“. Und Du selbst spürst, dass Du nicht mehr alle Hüte gleichzeitig tragen kannst. Dann kommt jemand mit dem Vorschlag: „Mach doch ein Advisory Board.“ Klingt gut – professionell, erwachsen, nach „Next Level“. Aber Hand aufs Herz: Was, wenn diese Berater am Ende nur Namen auf deiner Website sind – die Honorare kassieren, aber Deine echten Probleme nicht lösen? Und, manche Unternehmensformen verlangen auch schon nach einem Verwaltungsrat. Was soll dann das? Beides? Oder ein Verwaltungsrat mit mehr PS? Der Unterschied zwischen einem Board, das dein Unternehmen wirklich weiterbringt, und einem, das nur Fassade ist und gerne beläiti Brötli an Meetings isst, liegt in der Absicht. Bau Dir einen echten strategischen Vorteil – nicht bloß eine hübsche Theaterkulisse.
Warum KMUs über ein Advisory oder Supervisory Board nachdenken?
Meistens beginnt das Ganze mit externem Druck, hübsch verpackt als Empfehlung. Die Bank spricht beim Kreditgespräch von „Governance-Strukturen“. Der Investor schreibt in sein Term Sheet etwas über „Kontrollmechanismen“. Oder ein potenzieller Partner will wissen, wer ausser dem Gründer eigentlich den Überblick hat. Die klügeren Gründer aber schauen tiefer. Sie erkennen echte Lücken in ihren eigenen Fähigkeiten: Du bist stark im Produkt, aber schwach in Finanzen. Du kennst deinen Heimatmarkt, aber nicht die nächsten Expansionsländer. Ein gutes Advisory Board füllt genau diese Lücken – mit Leuten, die deine Probleme schon gelöst haben, bevor du sie überhaupt hattest. Wenn Du Glück hast, besitzen deine Verwaltungsräte schon solche Skills. Wenn du Glück hast. Und da ist noch ein Thema, das viele verdrängen: Nachfolge. Was passiert, wenn Du plötzlich ausfällst? Oder in fünf Jahren verkaufen willst? Ein professionelles Board sorgt für Kontinuität – es signalisiert Mitarbeitern und Partnern, dass Dein Unternehmen mehr ist als die Person des Gründers. Und nicht zuvergessen: Netzwerke zählen. Der richtige Berater öffnet Türen, an die du mit kalten E-Mails nieklopfen könntest – zu Investoren, strategischen Partnern oder neuen Märkten. Du kaufst Dir also nicht nur Expertise – Du kaufst Zugang zu Erfahrung,Beziehungen und Instinkt.

Die Falle des „Pro-forma“-Boards
Du hast ein beeindruckendes Gremium zusammengestellt: Ein ehemaliger CFO aus einem Fortune-500-Unternehmen. Ein Professor mit drei Doktortiteln. Deine Website sieht aus wie die eines börsennotierten Konzerns. Und dann? Die erste Sitzung wird verschoben, weil jemand „auf Reisen“ ist. Beim nächsten Termin sitzen sie halb abwesend im Zoom-Call, nicken freundlich, sagen ein paar Sätze – und nach exakt 60 Minuten ist Schluss. Keine kritischen Fragen, keine echten Ideen, kein Mehrwert. Dafür zahlst Du hohe Honorare – Geld, das Du besser in zwei gute Mitarbeiter gesteckt hättest. Willkommen in der Falle des Pro-forma-Boards: Es sieht nach Fortschritt aus, aber unter der Oberfläche passiert – nichts. Und übrigens. Kennen wir nicht alle auch Pro-forma-Verwaltungsräte? Kein klarer Auftrag, kein messbarer Impact, keine Verantwortung. Und das Gefährlichste: ein falsches Sicherheitsgefühl. Wenn’s dann wirklich brennt, merkst Du, dass dein „Top-Beratergremium“ weder Skin in the Game hat, noch die Ärmel hochkrempelt. Denn seien wir jetzt ehrlich, die Bankenkrisen in der Schweiz in den vergangenen Jahren. Und die dazugehörigen Verwaltungsräte? Hallo? Jemand zuhause? Eben genau.
So baust Du ein wirklich sinnvolles Advisory Board
Der wichtigste Schritt: Radikale Ehrlichkeit. Was brauchst du wirklich?
• Willst Du in neue Länder expandieren? Dann such jemanden, der das schon gemacht hat. Der dort gelebt hat oder dort lebt. Kein Typ der mal in Dubai war oder in Prag.
• Hast Du Probleme mit Finanzierung oder Struktur? Hol Dir einen erfahrenen Finanzmann. Einer der oder die sich wirklich auskennt.
• Kunden fordern Nachhaltigkeit und ESG-Reports? Such Dir jemanden, der weiss, wie das geht – nicht nur, wie man drüber redet.

Fachwissen schlägt Status.
Der Instagram-Star mag nett fürs Image sein – aber der unscheinbare Logistik-Experte, der seit 20 Jahren Lieferketten optimiert, wird dein Geschäft wirklich verändern. Und dann: klare Regeln. Wie oft trefft ihr euch – monatlich, vierteljährlich? Was ist die Erwartungshaltung? Soll ein Berater dich jedes Jahr drei potenziellen Kunden vorstellen? Oder Finanzberichte im Vorfeld prüfen? Zahlung? Am besten leistungsbezogen. Fixe Retainer führen zu Bequemlichkeit. Besser: Equity-Anteile, die an Ergebnisse gekoppelt sind. Oder Boni, wenn messbare Ziele erreicht werden. Und das Wichtigste: Jährliche Evaluierung. Wenn Du Mitarbeiter bewertest – warum nicht auch Board-Mitglieder? Ein Advisory Board bringt nur dann Mehrwert, wenn alle wirklich liefern.
Best Practices für KMU-Boards
Klein, fokussiert, effektiv – das ist die Devise. Drei bis fünf Leute, mehr nicht. Sobald’s grösser wird, denkt jeder, der andere kümmert sich schon. Am besten eine gute Mischung: Ein paar Externe für den frischen Blick, und ein oder zwei Interne, die das Tagesgeschäft kennen. Diese Spannung zwischen Aussen- und Innensicht erzeugt die besten Diskussionen. Wichtig: KonstruktiveReibung ist kein Problem. Ein Board, das alles abnickt, ist wertlos. Du brauchst Leute, die auch mal sagen: „Was, wenn der Lieferant ausfällt?“ oder „Euer Zeitplan ist völlig unrealistisch.“ Und: Dokumentiere alles. Protokolle sind kein bürokratischer Unsinn, sondern Dein Kontrollinstrument. Wer macht was bis wann? Welche KPIs messen den Fortschritt? Ohne das bleibt alles im Nebel.

Wann Du lieber kein Board haben solltest?
Wenn Du gerade erst gegründet hast, jeden Monat ums Überleben kämpfst und ständig die Strategie wechselst – lass es bleiben. Du brauchst Tempo, nicht Struktur. Und: Nicht jeder Gründer ist vom Typ her bereit für ein Board. Wenn Du Kritik sofort als Angriff siehst oder Dich rechtfertigen musst, sobald jemand eine Frage stellt – dann bist Du noch nicht so weit. Ein Board ist kein Therapieplatz, sondern ein Werkzeug. Und ganz ehrlich: Wenn Du ein Board nur gründest, um Investoren zu beeindrucken oder seriöser zu wirken – lass es. Das richtige Board wird Dich fordern, manchmal nerven, aber immer besser machen. Das falsche ist bloss teure Dekoration.
Aus Kontrolle wird Chance
Ein gutes Advisory oder Supervisory Board ist kein Prestigeprojekt – es ist ein Wachstumsinstrument. Es bringt dir Zugang, Wissen, Struktur und Verlässlichkeit. Aber nur, wenn Du es bewusst aufbaust, mit den richtigen Leuten und klarer Verantwortung. Also: Hör auf, Lebensläufe zu sammeln – und such Dir Mitstreiter, die Deine Firma wirklich voranbringen.
